Die Vereinigten Staaten von Europa bleiben ungewiss – noch

Christoph Schäfer, Deutschlandfunk, 17.12.2021

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Ein föderaler Bundesstaat Europa – das ist das Ziel der Union Europäischer Föderalisten, die vor 75 Jahren gegründet wurde. Die Pläne der neuen deutschen Ampel-Regierung gehen in eine ähnliche Richtung. Gibt es bald die Vereinigten Staaten von Europa?

Ankunft in Paris – zum Amtsantrittsbesuch des neu gewählten Bundeskanzlers Olaf Scholz. Dass seine erste Reise in den französischen Elysée-Palast führt, hat Tradition im deutschen Bundeskanzleramt. Es ist die erste Unterredung zwischen Regierungschef Scholz und dem französischen Präsidenten Macron. Auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz betonen sie den Willen zur Zusammenarbeit – und senden ein Signal in die EU:

„Es geht darum, wie wir Europa stark machen können und europäische Souveränität in all den Dimensionen, die dazugehören. Da geht es um ökonomische Fragen, um Sicherheitsfragen, um Fragen der Außenpolitik." [...]

Ähnlich bewertet Janis Emmanouilidis vom Brüsseler Denkfabrik European Policy Centre, die Ampel-Pläne: Während Reaktionen von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Macrons Visionen ausgeblieben seien, setze Berlin nun ein ähnlich starkes europapolitisches Signal wie damals Paris mit der vielbeachteten Sorbonne-Rede. Er benennt jedoch Schwierigkeiten für die Umsetzung eines europäischen föderalen Bundesstaats, denn ein solcher würde das bisherige institutionelle Gefüge der EU weitreichend verändern:

„Sie ist ein Verbund von Staaten und von Bürgern. Sie ist kein föderaler Staat, wie wir das jetzt kennen, beispielsweise von der Bundesrepublik oder von den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie hat also staatsähnliche Qualitäten und auch Funktionen. Aber sie ist bei weitem kein staatliches Gebilde."

Hierfür fehle ihr mitunter eine Regierung und Entscheidungsfindungen, die nach dem Mehrheitsprinzip möglich sind. Letzteres möchte die Ampel-Regierung ebenfalls angehen, indem sie für außen-, verteidigungs- und sicherheitspolitische Entscheidungen das Einstimmigkeitsprinzip abschafft – und durch qualifizierte Mehrheitsentscheide ersetzt. Für diese Politikbereiche soll nach dem Ziel Berlins auch das Amt eines EU-Außenministers eingeführt werden, welches das Amt des Hohen Vertreters dann ersetzt. Der Vorteil einer zunehmend föderalen EU für deren Bürger: Lebensbereiche würden EU-weit vermutlich vereinheitlicht werden, glaubt der EU-Experte Janis Emmanouilidis und nennt Beispiele:

„Dass man tatsächlich als Bürger der Europäischen Union, egal wo man in Europa lebt, die gleichen Rechte und die gleichen Verpflichtungen hat. In Fragen der Steuerpolitik haben wir momentan nationale Steuersysteme. Es sind die Mitgliedstaaten, die dafür verantwortlich sind. Hätten wir einen europäischen Bundesstaat, würden wir das harmonisieren. Würden die gleichen Steuern eventuell dann auch gelten – für jedes Unternehmen, egal wo es in der Europäischen Union angesiedelt ist. Im Bereich der Außenpolitik, würden wir nicht mehr 27 nationale Armeen haben, sondern eine europäische Armee, wo dann auch bestimmt wird, wann diese Armee eingesetzt wird. Also von daher, es würde alle Lebensbereiche beeinflussen, wenn Europa sich tatsächlich entwickeln würde in Richtung eines Bundestaates." [...]

„Die Konferenz zur Zukunft Europas wird ein wichtiger Meilenstein für unsere Europäische Union sein," so hat es Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beim Antrittsbesuch bei ihrem französischen Amtskollegen erklärt. Die Konferenz soll in einen verfassungsgebenden Konvent münden, so halten es die Ampel-Koalitionäre in ihrem Vertrag fest. Die Konferenz hat im Mai ihre Arbeit aufgenommen – als Projekt mehrerer EU-Institutionen. Hunderte zufällig ausgewählte Menschen in Europa erarbeiten Leitlinien dazu, wie die Europäische Union ihren Vorstellungen nach handeln soll – im Bereich, Umwelt, digitaler Wandel oder Bildung. Bis kommenden April sollen erste Ergebnisse der Konferenz vorliegen. Für den Föderalisten Sandro Gozi stellen sich hierbei noch Fragen.

„Wie sollen wir in der Konferenz entscheiden? Denn momentan gibt es noch viele Ideen und Debatten zur Orientierung. Aber am Ende des Tages soll das Plenum der Konferenz – Bürger, Parlamentarier, Minister – festlegen, welche Reformen wir umsetzen oder welche Initiativen wir ergreifen sollen."

Er fordert vor allem, dass die auf der Konferenz beschlossenen Vorhaben auch verbindlich sind.

„Das ist ein sehr hoher Anspruch. Und ja, die Konferenz, die Zukunftskonferenz wird bisher nicht wahrgenommen. Sie hat auch keine starke politische Unterstützung. Viele Mitgliedstaaten sind entweder ihr unaufgeschlossen, oder sie interessieren sich nicht dafür," gibt Emmanouilidis vom European Policy Centre zu Bedenken. Denn Mitgliedsstaaten würden befürchten, „dass die Zukunftskonferenz eventuell aus ihrer Perspektive außer Kontrolle geraten könnte. Also, dass da Vorschläge herauskommen, wo man dann, wo viele Mitgliedstaaten sich nicht in der Lage sehen oder nicht wollen, dass diese umgesetzt werden." [...]

Politikexperte Janis Emmanouilidis hält eine Vertragsänderung für unvermeidlich. Sollte dieser Schritt scheitern, so müsse das allerdings nicht zwangsläufig auf anti-europäische Kräfte innerhalb der EU zurückzuführen sein:

„Es ist vor allem auch an den pro-europäischen Kräften, sich zu entscheiden, wie weit sie gehen wollen und dann auch tatsächlich bereit sind, den politischen Willen, die politische Energie einzusetzen, um das umzusetzen. Und da sehe, dass die politischen Führungen in diesen Ländern teilweise auch nicht sehr überzeugt sind, dass sie diesen Weg gehen sollen." [...]

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