"Tsipras tut sich mit Reformen leichter"

tagesschau.de, 26.01.2015

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Ist dies das Ende der griechischen Reformen? Nein, sagt der Politologe Emmanouilidis. Syriza werde sich sogar leichter tun, Veränderungen durchzusetzen - etwa im Umgang mit den Oligarchen. An einen "Grexit" glaubt der Experte nicht. "Das ist keine Option."

tagesschau.de: Der "Teufelskreis" sei vorbei, sagte der griechische Wahlsieger Alexis Tsipras – und will nun mit den Euro-Ländern über einen Schuldenschnitt verhandeln. Wird er damit Erfolg haben?

Janis Emmanouilidis: An einen radikalen Schuldenschnitt glaube ich nicht. Dazu werden weder Deutschland noch andere EU-Regierungen bereit sein. Es gibt allerdings andere, sozusagen weichere Möglichkeiten, die Schuldenlast zu reduzieren.

tagesschau.de: Zum Beispiel?

Emmanouilidis: Die Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds könnte zum Beispiel die Laufzeiten der bestehenden Kredite verlängern und die Zinssätze senken. Beides würde dazu beitragen, die jährlichen Rückzahlungen erst einmal zu verringern. Zudem hat die Syriza-Partei in ihrem Wahlprogramm vorgeschlagen, eine Wachstums-Klausel in die Kreditverträge einzubauen. Das würde bedeuten, dass die Athener Regierung in Jahren, in denen die Konjunktur gut läuft, mehr Geld zurückzahlt, und in schwächeren Jahren entsprechend weniger.

tagesschau.de: Aber würden diese Maßnahmen die Griechen wirklich in der Lage versetzen, ihre enormen Schulden von 240 Milliarden Euro abzutragen?

Emmanouilidis: Vermutlich würde ein solches Paket das Problem nicht für alle Zeiten lösen. Gut möglich, dass man sich in fünf oder zehn Jahren erneut zusammensetzen müsste. Aber das ist erst einmal nicht entscheidend. Was im Moment zählt, das ist, einen Kompromiss zwischen Griechenland und den Partnerländern zu finden.  

tagesschau.de: Denn ansonsten droht der "Grexit", also Griechenlands Austritt aus der Eurozone?

Emmanouilidis: Nein, das ist aus meiner Sicht keine Option. Die Folgen für Griechenland wären politisch, ökonomisch und gesellschaftlich verheerend. Niemand, auch nicht Deutschland, hat ein Interesse daran, dass die neue griechische Regierung scheitert. Zumal ein "Grexit" auch für andere südeuropäische Länder nicht ohne Folgen bliebe.

tagesschau.de: Wenn die Troika der künftigen griechischen Regierung den von Ihnen skizzierten "weichen Schuldenschnitt" offeriert – was muss Tsipras den Europäern bieten?

Emmanouilidis: Griechenland braucht weitere, auch radikale Reformen, daran besteht kein Zweifel. Aber in gewisser Weise wird sich Syriza damit leichter tun als die etablierten Parteien.

tagesschau.de: Ausgerechnet Syriza soll nun zur Reformpartei werden? Das müssen Sie uns erklären.

Emmanouilidis: Aus meiner Sicht ist die Grundsatzfrage, wie man die Partikularinteressen bestimmter mächtiger Zirkel zurückdrängt …

tagesschau.de: Sie spielen auf die auch politisch einflussreichen wirtschaftlichen Oligarchen an …

Emmanouilidis: Genau. Deren Machtposition ist in Griechenland traditionell stark. Weil Syriza als junge Partei politisch unbelastet ist, hat sie bessere Chancen als die etablierten Parteien, sich mit dieser Gruppe anzulegen. Hier ist tatsächlich Potenzial für weitere Reformen vorhanden, zum Beispiel, was die Bekämpfung von Steuerhinterziehung oder von Korruption betrifft.

tagesschau.de: Trotzdem wird Tsipras nicht alle Wahlversprechen einlösen können, wenn er einen Kompromiss mit der Troika finden will. Ist nicht abzusehen, dass er den Rückhalt, den er im Moment spürt, bald wieder verlieren wird? Zumal es sich bei Syriza um ein eher heterogenes linkes Bündnis handelt, das nun ausgerechnet mit den Rechtspopulisten koalieren will ...

Emmanouilidis: Ich bin da nicht ganz so pessimistisch. Natürlich wird Tsipras manche Erwartungen enttäuschen müssen, gerade auch in seiner eigenen Partei. Nach dem Wahlerfolg hat sich Tsipras aber explizit an die gesamte Bevölkerung gewandt, nicht nur an seine eigenen Anhänger. Und die meisten Griechen gehen ohnehin nicht davon aus, dass er alles Versprochene umsetzen wird und kann. Was die Menschen mit Tsipras verbinden, ist etwas anderes – nämlich dass da überhaupt wieder jemand ist, der die Hoffnung verbreitet, es könnte aufwärts gehen.

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